Offener Brief des 1. Vorstands zu den geplanten Steuererhöhungen
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Faißt,
in den Stadtnachrichten vom 14. Oktober 2021 wird berichtet, dass die Verwaltung der Stadt Renningen auf der Gemeinderatssitzung vom 25.10.2021 eine Erhöhung der Grundsteuer und der Gewerbesteuer zur Abstimmung bringen wird. Bei den Gewerbetreibenden und speziell den Mitgliedern des Gewerbe- und Handelsvereins Renningen e.V. stößt diese Absicht auf einhellige und scharfe Kritik. So das Ergebnis einer aktuellen Umfrage in den Reihen unseres Netzwerks.
Die Aussagen unserer Mitglieder haben wir in 7 Schlüsselpositionen/-argumenten zusammengefasst:
- Bei der letzten Erhöhung im Jahr 2017 von 330 auf 360 v.H. wurde vor allem die Höhe der Erhöhung damit argumentiert, dass damit eine langfristige Stabilität des Hebesatzes gewährleistet sein soll. Fünf Jahre kann aber unserer Ansicht nach nicht als langfristig bezeichnet werden.
- Aktuell haben viele Firmen die Folgen der Coronapandemie noch nicht überstanden, da kommen schon Umsatz- und Ertragsverluste durch Lieferengpässe hinterher. Und im Fahrwasser dieser Schwierigkeiten kommt nun die Stadt Renningen und schröpft die Gewerbetreibenden durch die Erhöhung der Gewerbesteuer. Und als ob das nicht schon genug wäre, wird quasi so nebenbei auch noch die Grundsteuer erhöht.
- Sie haben im Verwaltungsausschuss zwar erläutert, dass die Erhöhung zum Beispiel für Einzelkaufleute nicht ins Gewicht fallen wird. Doch Sie rechnen auch mit Mehreinnahmen von mehr als 1 Millionen Euro pro Jahr. Und Tatsache ist, dass sich die Stadt dieses Geld vor allem von der örtlichen Wirtschaft holen will, und darunter sind auch kleinere Firmen mit unter 10 Mitarbeitern, deren Firma nicht als Einzelkaufleute geführt werden. Außerdem ist es mit der Anhebung der Gewerbesteuer nicht abgetan: Schließlich soll zugleich der Hebesatz für die Grundsteuer B von 360 % auf 400 % angehoben werden und da trifft es alle örtlichen Firmen – entweder direkt als Gebäudebesitzer oder auf dem „Umweg“ über die zu erwartende Mieterhöhung bzw. Nebenkosten durch den Vermieter.
- Die von uns befragten GHV-Mitglieder sehen in den geplanten Steuererhöhungen eine einseitige und unzumutbare Doppelbelastung für die örtlichen Geschäftsleute und Gewerbetreibenden. Viele von ihnen sind schon jetzt in großer Gefahr. Coronapandemie, Internethandel und Mindestlohn haben die schwierige Situation weiter verschärft und mittlerweile ist ein Punkt erreicht, bei dem jede weitere Belastung, im Kampf um das wirtschaftliche Überleben, das Ende bedeuten kann.
- Nicht ungeschoren werden aber auch die Verbraucher davonkommen. In einigen Branchen – z. B. in der Gastronomie und Handwerk – werden die geplanten Steueranhebungen unweigerlich Preiserhöhungen nach sich ziehen. Andere Branchen, die ihre Preise nicht erhöhen können, werden sich überlegen, ob Renningen noch der richtige Standort ist. Man hat in den letzten Jahren Firmen nach Renningen „geködert“ mit einem seriösen Umfeld und einem angemessenen Steuersatz. Nach der Erhöhung trifft angemessen, aber nicht mehr zu!
- Die geplanten Steuererhöhungen lassen bei vielen unserer Mitglieder die Vermutung aufkommen, „dass die Stadt ihre Hausaufgaben nicht gemacht und sich übernommen hat“. Noch vor einigen Jahren ist Renningen finanziell gut dagestanden. Doch mittlerweile seien alle Reserven aufgebraucht. Auch die Stadt sollte zuerst kalkulieren und dann investieren – und nicht umgekehrt. Beispiel Riedwiesenhalle – mit großem Hurra wurde die Zustimmung des Gemeinderates gefeiert. Sind Sie sich aber sicher, dass der Gemeinderat der Riedwiesenhalle zugestimmt hätte, wenn die Steuererhöhungen schon zuvor bekannt gewesen wären? Und außerdem: Es ist doch von vornherein absehbar gewesen, dass das Geld für die geplanten Investitionen zuzüglich der laufenden Kosten nicht ausreichen wird.
- Unter dem Strich ist bei vielen unserer Mitglieder der Eindruck entstanden, dass sie letztlich für „hausgemachte“ Finanzprobleme der Stadt zur Kasse gebeten werden sollen. Dies wird noch verstärkt durch die Tatsache, dass die Stadt nicht den Dialog gesucht hat, sondern die örtlichen Geschäftsleute und Gewerbetreibenden mehr oder weniger vor vollendete Tatsachen stellt. Unsere Mitglieder würden sich mehr Gesprächsbereitschaft von Seiten der Stadt wünschen, zumal gerade die heimische Wirtschaft eine Menge für das wirtschaftliche Wohlergehen der Stadt und ihrer Bürger leistet.
Im Namen des Vorstands und aller Mitglieder des GHV Renningen sowie der örtlichen Geschäftsleute und Gewerbetreibenden bitte ich Sie eindringlich:
- Haben Sie ein offenes Ohr für die Interessen der örtlichen Wirtschaft!
- Behandeln Sie unser Schreiben im Rahmen der Beratungen in den zuständigen Gremien!
- Sind Steuererhöhungen in einer wirtschaftlich schwierigen Phase überhaupt sinnvoll?
- Überdenken Sie die geplante Gewerbesteuer-Erhöhung noch einmal!
Mit freundlichen Grüßen
Roland Ebner
1. Vorstand GHV Renningen